4. Die Klage – eher Allgemeines 4.1 Möglichkeiten des Vorgehens gegen einen Planfeststellungsbeschluss bzw. Verwaltungsakt 1.5.2008 Wer will, dass unter Berücksichtigung der von ihm vorgebrachten Argumente von einer überparteilichen Instanz eine Entscheidung getroffen und ihm begründet wird, muss klagen. Ist der PFB gefasst, kann nur noch die Klage den Beginn der Arbeiten aufhalten.
Jedoch: Wie im folgenden gezeigt, ist die Möglichkeit, beim Verwaltungsgericht zu klagen, sehr begrenzt. Eine Person, die die Aufhebung eines PFB wünscht, da sie nicht nur gegen besonders schwerwiegende Fehler angehen will, sondern auch gegen schwerwiegende oder gegen Fehler überhaupt und die in ihrem Gerechtigkeitsempfinden verletzt ist, auch wenn sie wohl nicht als in ihren eigenen Rechten verletzt anerkannt wird – eine solche Person also wird nach weiteren Möglichkeiten suchen, gegen einen PFB anzugehen.
Es kommen in Frage: Aktionen, Eingaben an den Landesrechnungshof, Schreiben an Kompetente mit bestimmten Anregungen, den Regierungspräsidenten darauf aufmerksam machen, dass der PFB Ortsumgehung Wolbeck nichtig ist (auf diesen Hinweis hat er gerade gewartet). Näheres zu den einzelnen Möglichkeiten:
Art.17 Grundgesetz Bund, sog. Petitionsrecht: „Jedermann hat das Recht, sich ... mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“
In diesem Rahmen gibt es die Dienstaufsichts-beschwerde (Creifeld). „Dienst-aufsicht ist die Aufsichts- und Weisungsbefugnis der höheren gegenüber der nachgeordneten Behörde und des Vorgesetzten gegenüber den ihm unterstellten ....“(Creifeld) „Dienstaufsichts-beschwerde ist die an eine übergeordnete Behörde gerichtete Anregung zur Nachprüfung oder zum Einschreiten. ... Sie kann von jedermann, nicht nur vom Beschwerten, ohne Einhaltung einer Frist behoben werden.“
Sie unterliegt also nicht den Einschränkungen, denen die Klage unterliegt. Eine Person kann sich auch über anderes beschweren als über Verwaltungsakte, z.B. über beginnende Planungen der Gemeinde, die darauf zielen, weitere Landschaft für Straßenbau zu zerstören. Dafür hat aber der Beschwerdeführer nur ein Recht darauf, dass die Beschwerde entgegen-genommen wird, dass sich der Empfänger sachlich mit ihr befasst und sie bescheidet. Der Bescheid muss zu erkennen geben, dass eine sachliche Prüfung stattgefunden hat und ob etwas veranlasst wurde (nach Creifeld). Beim Verwaltungsgericht hat der Kläger ja mehr Rechte, nämlich ein Recht auf ein begründetes Urteil.
Im allgemeinen wird die übergeordnete Behörde einvernehmlich mit der untergeordneten arbeiten, so dass die Beschwerde erfolglos sein wird. Gehört allerdings die Ministerin einer Partei an (hier den Grünen), von der zu erwarten ist, dass sie bestimmte Aktivitäten der Stadt Münster nicht begrüßt, so könnte eine Beschwerde sinnvoll sein. Ich habe daher an die Ministerin für Umwelt usw. von NRW geschrieben (siehe unten) und sie gebeten, ihre Fachaufsicht auszuüben, aber keine Antwort erhalten (siehe unter „Meine Einwendungen“).
Hinsichtlich der Feststellung der Nichtigkeit füge ich nunmehr meinen Brief an und werde hier über die Geschehnisse berichten.
Prof.Dr.Hans Dietrich Loewer 23.5.2008
Brandhoveweg 32
48167 Münster
HD@Loewer-Muenster.de
www.Loewer-Muenster.de
Bezirksregierung Münster
Domplatz 1-3
48143 Münster
Landesbetrieb Straßenbau NRW
Regionalniederlassung Münsterland
Außenstelle Münster
Hörsterplatz 2
48147 Münster
Betr: Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung Münster 25.04.01.02 – 3/03 (L 585n) für den Neubau der Landesstraße 585n (L585n) als Ortsumgehung Wolbeck ....vom 6.2.2008.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Mir ist VwVfG NRW §44 (5) zu Augen gekommen: „ ... auf Antrag ist sie“ – die Nichtigkeit – „festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.“
Nun denn: Ich stelle hiermit den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung Münster 25.04.01.02 – 3/03 (L 585n) für den Neubau der Landesstraße 585n (L585n) als Ortsumgehung Wolbeck ....vom 6.2.2008 und bitte um einen Bescheid.
Da die genannte Straße als eine überregionale auch für LKW in 140m Entfernung an meinem Haus vorbeiführen würde und mein Naherholungsgebiet zerstören würde, habe ich ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit. -
Ich begründe meinen Antrag mit meiner Klage gegen Sie, die Sie eigentlich schon erhalten haben müssten. Außerdem ist sie auf meiner website (siehe oben, Ko-Autoren sind sehr gewünscht), und ich kann Sie Ihnen auf Wunsch auch immer gedruckt zuschicken.
Nach dem guten Gespräch, das wir in der Wolbecker Gartenbauschule hatten, tut es mir leid, dass in der Klage alles sehr unfreundlich ausgedrückt ist, aber wenn man schon klagt, muss man ja alles heranziehen.
Ich glaube wirklich, dass für das Wolbecker Verkehrsproblem eine gut erträgliche Lösung zu finden ist, die mit – im Vergleich zu Ihrer Lösung - weit weniger Kosten an Finanzen und Naturzerstörung verbunden ist, und würde es natürlich begrüßen, wenn Sie mutige Konsequenzen ziehen und allen den Prozess ersparen.
Ich selbst würde mich anders verhalten, wenn ich einsehen würde, dass meine Lösung (sog. Trassennetz) nicht ausreichend ist.
Mit freundlichem Gruß
(handschriftlich unterschrieben)
4.2 Die Pyramide von Einwänden, verletzten eigenen Rechten und besonders schwer wiegenden Fehlern 1.5.2008 Der Kläger muss sich fragen:
Welche Einwände habe ich rechtzeitig erhoben, die konkret genug sind und sich darauf beziehen, dass ich in meinen Belangen berührt wurde? (Spitze der Pyramide, 1 Element)
In welchen meinen Rechten - auf deren Verletzung ich bereits in meinen Einwänden hingewiesen habe - bin ich verletzt? (Mittlere Linie der Pyramide, 2 Elemente)
Welche Fehler hat der PFB, auf die ich bereits in meinen Einwänden hingewiesen habe und durch die ich in meinen Rechten verletzt bin? (Basis der Pyramide, 3 Elmente)
Letztlich ist alles im letzten Satz enthalten, aber man macht sich die Struktur am besten klar, wenn man sie sich, wie hier geschehen, Satz für Satz aufbaut (Struktur ist als Pyramide vorstellbar).
4.3 Enge Grenzen für Klagen 2.5.2008 Das Verwaltungsgericht ist nicht die Instanz ist, bei der sich jedermann gegen unzweckmäßige, sinnwidrige, wahnsinnige, schädliche oder auch rechtswidrige, fehlerhafte Verwaltungsakte beschweren kann. Vielmehr ist es zuständig für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten (VwGO § 40) – für Angelegenheiten, so wird man sagen können, die auch nach Ablehnung von Widersprüchen (bzw. bei fehlender Möglichkeit zum Widerspruch) oder Einwendungen streitig bleiben. „Streitig“ wird man in dem Sinne verstehen, dass sich eine Person in ihrem Recht verletzt fühlt.
Daraus folgt: Das Verwaltungsgericht ist doch so etwas wie eine Instanz, bei der man sich über Verwaltungsakte beschweren kann. Nur heißt es nicht „Beschwerde“, sondern Klage. Die Klage ist aber in sehr vielen, auch dringlichen Fällen, nicht möglich, sondern nur unter den folgenden 3 Voraussetzungen:
4.3.1 Der Kläger hat fristgerecht Einwendungen erhoben
Wer die Richter davon überzeugen will, dass ein PFB aufgehoben werden sollte, wird bestrebt sein, in einem sinnvollen Zusammenhang alle Argumente vorzubringen, die für die Aufhebung sprechen. Dabei wird er größte Angst haben, dass er unter seinen Einwendungen (die er im Fall der OU Wolbeck spätestens 4 Jahre und 5 Monate vor Abgabe seiner Klageschrift machen musste) diejenigen nicht finden kann, die er braucht, um seine Argumente zu belegen.
Ist es nicht unsinnig, dass ein Kläger ein Argument nur deshalb nicht vorbringen kann, weil er es nicht mit seinen Einwänden belegen kann? Im gewissen Sinne natürlich ja. Aber die Verwaltungsrichter sind nicht dazu da, das Für oder Wider einer OU oder einer Trassenführung nochmals zu erörtern. Das ist ja auch lange genug erörtert und mit dem PFB entschieden. Das Gericht steht nur für den Fall zur Verfügung, dass sich eine Person in ihren Rechten verletzt fühlt, weil auf ihre Einwände nicht hinreichend eingegangen wurde.
Inhalt der Klage können daher nur die Argumente sein, die der Kläger als Einwendungen fristgerecht an die zuständige Behörde gesandt hat und die so konkret sind, dass der Planfeststeller weiß, welche Änderungen er – nach Meinung des Einwenders – am Plan vornehmen soll. Letzteres habe ich einem Urteil entnommen, weiß aber nicht mehr, welchem.
Ist einer Person eine Angelegenheit so wichtig, dass sie notfalls ihretwegen einen Prozess führen würde, so müssen ihre Einwände die Klage praktisch schon vorwegnehmen. Wie der Fall der OU Wolbeck zeigt, blieben die Einwände, die in großer Zahl und zum Teil auch gut begründet vorgebracht wurden, wirkungslos. Möglicher Weise hat ein Einwand nur darin einen Sinn, dass er später eine Klage ermöglicht. Der Einwänder muss also alles darüber sagen, inwiefern er in seinen Rechten durch das Vorhaben verletzt wird, und inwiefern das Vorhaben rechtswidrig ist, d.h. gegen welche §§ es verstößt, und wieso er dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Das ist das unbedingt Wichtige. Vielleicht gelingt es ihm, die Gegenseite davon zu überzeugen, dass sie einen Prozess verlieren würde. Wenn er darüber hinaus überzeugen will, also davon, dass die Gegenseite den ihr rechtlich zustehenden Spielraum besser anders nutzen könnte, so kann er es versuchen. Vielleicht gelingt es ihm, vielleicht weiß die Gegenseite aber schon längst, was sie will, und ist nur darauf bedacht, die Argumente zu widerlegen.
Zur Sache stets! Hätte ich, als ich meine Einwendungen machte, dies alles nur gewusst! Ich argumentierte viel zu global, versuchte zu sagen, was alles auf der Welt anders sein müsste, damit das Problem gelöst werden kann. Globales Denken ist wichtig, aber nicht sinnvoll, wenn man einen Straßenbau verhindern will. In diesem Fall ist immer zu fragen: Was ist bereits festgelegt und worüber muss jetzt entschieden werden? Bei der Linienabstimmung z.B. ist festgelegt, dass die OU gebaut werden soll. Zu entscheiden ist nur, wo sie gebaut werden soll, und nur hierauf können sich die Einwände beziehen. Alles andere würde von den zuständigen Behörden und den Gerichten abgewiesen werden: „Damit haben wir nichts zu tun – gehört nicht zur Sache.“
4.3.2 In seinen Rechten verletzt Nach §42 VwGO kann nur klagen, wer in seinen Rechten verletzt ist. Die Popularklage, „bei der die Sachbefugnis jedermann – nicht nur dem „Betroffenen“ –zusteht“ wird offenbar kaum zugelassen (Creifeld). Sachbefugnis heißt: „Das ... geltend gemachte Recht muss dem Kläger ... gegen den Beklagten ... zustehen.“(Creifeld).
Von dem geplanten Bau der OU Wolbeck sind alle Bürger von NRW sowie auch alle Menschen betroffen. Der Steuerpflichtige oder seine Nachkommen müssen die Straße bezahlen, das Klima wird verschlechtert durch Verringerung der Fläche für Natur oder Landwirtschaft und durch Verlockung zu mehr Individualverkehr. Energie geht verloren durch Bau der Straße und den verstärkten Individualverkehr. Jeder könnte deswegen klagen, aber jeder kann das offenbar nicht, da der Kreis der Betroffnen sehr eng gezogen wird.
Betroffener ist jeder, der in seinem Rechtskreis berührt wird, „was allerdings oft schwierig zu bestimmen ist, z.B. bei Großvorhaben wie Flughäfen, Kernkraft-, Industrie- oder Verkehrsanlagen“ (Creifeld). So belastet (belästigt, in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt, geschädigt, sich betroffen fühlend, empört) eine Person durch ein Vorhaben wie eine OU auch immer sein mag, die Richter interessieren sich nur dafür, ob sie in ihren geltenden, juristischen Rechten verletzt ist.
Es ist denkbar, dass z.B. ein Münsteraner empört ist über den PFB hinsichtlich des Baus der Dresdner Elbschlösschen-Brücke. Auch wenn sich in Dresden keine Kläger finden sollten, wird er nicht klagen können, da er nicht als betroffen gilt – auch wenn er sich noch so tief betroffen fühlen mag. Hier würden nur Dienstaufsichtsbeschwerde oder Petition (siehe oben, Möglichkeiten des Vorgehens) helfen.
4.3.3 Fehler Wenn jemand tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist, so muss er, um mit seiner Klage Erfolg zu haben, wenigstens einen, (aber je mehr, desto besser) besonders schwerwiegenden Fehler im Verwaltungsakt finden, der „bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.“ (VwVfG NRW §44). Andernfalls würde er zu Recht in seinen Rechten eingeschränkt.
Das Verwaltungsgericht lässt der Verwaltung also die Freiheit, Fehler, auch schwerwiegende Fehler zu machen. Gemeinden und Staat sind frei, und zur Freiheit gehört offenbar auch die Freiheit, schwer wiegende Fehler zu machen. Anders könnte es auch kaum sein. Bei sehr vielen, vielleicht bei jedem Verwaltungsakt wird es Menschen geben, die in ihm schwerwiegende Fehler zu finden glauben, und wenn sie alle klagen würden, müsste das Verwaltungsgericht nahezu jeden Verwaltungsakt auf schwerwiegende Fehler bzw. sogar auf Fehler überprüfen. Es würde dann zu einer vorgesetzten Kontrollbehörde (siehe oben, Enge Grenzen...), und es hätte sich dann mit Dienstaufsichtsbeschwerden (siehe oben) zu befassen.. Um das zu vermeiden, muss es ein besonders schwerwiegender Fehler sein, aufgrund dessen ein Verwaltungsakt, wenigstens teilweise, nichtig ist (VwVfG NRW §44) und aufgrund dessen auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes geklagt werden kann. (VwGO § 43). Dieser besagt: Durch Klage kann die Feststellung ... der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Sofern dieses Interesse nicht überzeugend nachweisbar ist, kommt die Anfechtungsklage in Frage, mit der ebenfalls die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt werden kann (§42VerwGO).
Genaueres darüber, was ein Fehler ist, wird in diesen Gesetzen nicht gesagt. Man müsste die Entscheidungen der Gerichte daraufhin durchsehen, was als Fehler anerkannt wird - und könnte sicherlich hierüber eine juristische Dissertation schreiben.
In Creifeld ist die Rede von fehlerhaften Entscheidungen (unter diesem Stichwort) von Gerichten oder Behörden, die auf unrichtigen Tatsachenfeststellungen oder auch Verletzung von sachlichen (ich: allgemeine Gesetze) oder Verfahrens-vorschriften beruhen.
"Ein Verwaltungsakt ist fehlerhaft und damit rechtswidrig, wenn er gegen das geltende formelle oder materielle Recht verstößt. Er kann dann anfechtbar oder nichtig sein. Der bloß anfechtbare Verwaltungsakt ist bis zu seiner Aufhebung durch die zuständige Behörde oder das zuständige Gericht als wirksam zu behandeln; der nichtige Verwaltungsakt dagegen kann von Anfang an keine rechtliche Wirkung auslösen und ist schlechthin unbeachtlich."(Creifeld, unter Verwaltungsakt)
Was also ist ein besonders schwerwiegender Fehler nach §44 VwVfG?
Auf jeden Fall muss ein Verwaltungsgericht einen Verwaltungsakt aufheben oder ändern, der gegen geltendes Recht verstößt, also rechtswidrig ist. Das ist wohl selbstverständlich. Es geht aus Grundgesetz Art 20(3) hervor und muss Grundsatz der Rechtsprechung sein (Grundgesetz IX). Weitere Hinweise habe ich allerdings nicht gefunden.
Meine Überzeugung: „Schwerwiegend“ bezieht sich sicherlich auf die Auswirkungen, und zwar auf die negativen bzw. die unterbliebenen positiven.
Ein Fehler liegt –unter diesen Voraussetzungen - sicherlich vor, wenn
- eine Entscheidung im Widerspruch zum derzeitigen Stand der Wissenschaft steht,
- der derzeitige, d.h. zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes bestehende, Stand der Dinge, insbesondere aktuelle drohende Gefahren, nicht berücksichtigt werden,
- bestimmte Gesetz nicht befolgt werden und die Notwendigkeit der Übertretung nicht nachgewiesen ist,
- unrichtigen Tatsachenfeststellungen vorliegen,
- der Realitätsbezug verloren geht, d.h. eine grobe Verkennung der Wirklichkeit stattfindet,
- Abwägungsmängel vorliegen. §75 VwVfG NRW: „Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses …, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können.“
PFB 50: "Eine straßenrechtliche Planung findet ihre Rechtfertigung darin, dass sie objektiv vernünftigerweise geboten ist." - Ich: Gerechtfertigt ist also, was vernünftig ist, und was nicht vernünftig ist, ist nicht gerechtfertigt und damit doch wohl fehlerhaft und nichtig. Hiermit lässt sich argumentieren.
4.4 Sind PFB oder das Vorhaben anzugreifen? 13.4.2008 Auf diese scheinbar spitzfindige Frage gibt es keine klare und einfache Antwort. Es ist komplizierter:
Die Klage muss sich gegen den PFB, also den Verwaltungsakt (§9 VwVfG NRW), richten. Ist er aufgehoben oder im Sinne der Naturschützer geändert, wird die OU in ihrer jetzigen Linienführung nicht gebaut. Hebt das Gericht ihn nicht auf, so beginnt der Landesbetrieb Straßenbau mit dem Bau. Fehler sind also im PFB zu suchen. Man sollte demnach die pf Unterlagen (=PFB) aufs Korn nehmen und nicht die Straße. Das ist ein wesentlicher Unterschied.
VwVfG NRW §444(1) lautet: "Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist." Der Verwaltungsakt ist also zu kritisieren, das Papier.
Aber andrerseits: Zu beachten ist VwVfG.NRW §75 (1a): "Erhebliche Mängel bei der Abwägung führen nur dann zur Aufhebung des PFBes ..., wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können."
Wenn der Kläger also im Prozess sagt: "Im PFB wird als einziges Problem die Überlastung des Wolbecker Ortskerns angegeben, und dieses Problem kann besser gelöst werden als durch die geplante OU", dann kann der PF antworten: "Wir haben einen Fehler gemacht und nicht angegeben, dass die geplante OU Wolbeck vor allem der Entlastung verschiedener Straßen, insbesondere des Albersloher Weges, und einer besseren Erreichbarkeit der Münsteraner Innen-stadt dient sowie im Zusammenhang weiterer geplanter Straßen einer Ost- und Nordumgehung Münsters und einer besseren Erreichbarbeit des Flughafens Münster Osnabrück. Wir ändern den PFB entsprechend." Damit ist das Argument des Klägers erledigt; der Richter lässt den PFB in der veränderten Fassung möglicherweise durchgehen und die Straße wird gebaut, wie sie geplant war.
Mit andern Worten: Nur deswegen, weil der PF (um das Volk nicht zu beunruhigen) verheimlicht hat, dass es auch noch ganz andere Motive zum Bau der Straße gibt als die Entlastung des Wolbecker Ortskerns, wird der Bau der Straße nicht verhindert. Der PF kann sicherlich noch Argumente nachschieben, und er wird keine Probleme haben, sie nachträglich in den PFB hineinzuschreiben.
Aus diesem Grund sollte das Vorhaben kritisiert werden. Die pf Trassenführung sollte gegen die vom Kläger empfohlene abgewogen werden unter Berücksichtigung allen Für und Widers, gleich, welche Argumente der PF vorgebracht hat, damit ein für allemal für die vom Kläger vorgeschlagene Trasse entschieden wird, welche Argumente der PF auch immer nachschieben wird.
Hier ergibt sich das Paradox, dass sogar der Kläger die vom PF verheimlichten Gründe für den Bau der verhassten Umgehungsstraße vorträgt, damit er auch für diese Gründe Gegengründe vortragen kann und damit unter Berücksichtigung aller Argumemte eine Abwägung zustandekommt, die hieb- und stichfest ist und das Gericht überzeugt.
4.5 Soll der PFB im ganzen oder nur in Details aufgehoben werden? 13.4.2008 "Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten" (VerwGO §82).
Worauf sollte eine Klage zielen?
Ich wäre zufrieden, wenn der Verlauf der geplanten Straße diesem Text entsprechend geändert wird. Dazu allerdings müsste die Planung ganz von vorn neu begonnen werden. Genau diese Ungeheuerlichkeit schwebt mir aber vor. Für die Planung wurde schon viel zu viel Geld ausgegeben – nun sollte keins für die Verwirklichung ausgegeben werden. Wenigstens weiß man jetzt, wie es nicht geht. Wenn aber alles noch einmal von vorn anfangen muss, dann ist es am einfachsten, auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zu klagen. Dies entspricht auch dem §76 VwVfG NRW: „Soll vor Fertigstellung des Vorhabens der festgestellte Plan geändert werden, bedarf es eines neuen Planfeststellungsverfahrens.“ Ausgenommen sind Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung. Diese könnten also vielleicht auch auf außergerichtlichem Wege bei der Bezirksregierung erreicht werden, doch hat diese wohl kaum Lust, den festgestellten Plan zu ändern – es könnte ja eine Lawine losgetreten werden.
4.6 Abgabe der Klage: Bis wann, wie, wo? 18.5.2008 §74 VwVfG.NRW: "Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt;" Für Fristen gilt §31 VwVfG NRW. §74 VwGO: "Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden."
Für die Sparkassen ist 1 Monat gleich 30 Tage. Die Auslegungsfrist endete mit dem 10.März 2008 (letzter Tag). Der Monat begann also am 11.März. Nach der Sparkassen-rechnung endete er am 9.April. Spätestens an diesem Tag hätte also die Klage beim Gericht eingehen müssen. Tatsächlich konnte sie aber auch noch am 10.April eingehen. Die Frist dauerte also vom 11.März bis zum 10.April, beide Tage einschließlich. Sicherheits-halber richtet man sich aber auf die Sparkassenrechnung ein, gibt also, wenn ein 31.in der Frist liegt, einen Tag früher ab.
Ich hatte meine Klage am 7.4. um 15:32 Uhr zur Post gebracht und sie mir quittieren lassen. Der Rückschein war auf den 10.4.ausgestellt, d.h. erst an diesem Tage erreichte die Klage das Gericht. Die Post brauchte also 3 Tage, um einen Brief innerhalb von Münster zu befördern. Sicherheitshalber hatte ich mich am 7.4. beim Angestellten bei der Postfiliale erkundigt, ob gestreikt werde, aber er sagte, er wisse es nicht, da er zum Lebensmittelgeschäft und nicht zur Post gehöre.
Wenn die Post 3 Tage braucht, kann sie auch einmal 10Tage oder länger brauchen. Sie ist also nicht verlässlich. Wenn die Klage zu spät eingeht, sagt das Gericht: "Der Kläger konnte darauf vertrauen, dass die Post am folgenden Tag eingeht" oder: "Der Kläger hatte keinen Grund, sicher zu sein, dass die Post innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zugestellt wird."
Es empfiehlt sich also, die Klage nicht der Post anzuvertrauen, auch nicht oder sogar erst recht nicht per Einschreiben, sondern sie beim Verwaltungs-gericht abzugeben. Das von Münster ist geöffnet mo-frei bis 15.30 bzw. 16 Uhr. Ich vermute, dass man sich in dieser Zeit eine Quittung geben lassen kann. Im Internet steht: "Der Nacht-briefkasten befindet sich beim Haupteingang. Hier können Sie bis 24 Uhr frist-wahrend Post für das Verwaltungsgericht einwerfen." Ich denke, auch das ist verläßlich.
Fristberechnung. Nachdem ich meine Klage eingereicht hatte, schrieb mir ein Richter einen Brief, u.a. mit dem Satz „Ich bitte Sie, innerhalb von 5 Wochen nach Erhalt dieses Schreibens die Klagebegründung einzureichen.“ Eine richterliche Bitte ist in diesem Zusammenhang als höfliche Form der Fristfestsetzung zu verstehen.
Hinsichtlich der Frist-berechnung verweist das VwGO (§57) auf die ZPO.
Wann aber ist Erhalt des Schreibens? Ich hoffte, dass als Datum des Erhalts einige Tage nach dem Datum des Briefstempels gerechnet wird, habe aber in Creifeld (Zustellung, Erhalt, Frist), BGB, ZPO, VwVfG, VwGO keinen Hinweis hierauf gefunden. Nach VwZG §4 gilt das Dokument am 3.Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, doch scheint dieser § nur für Einschreiben zu gelten.
So empfiehlt es sich von dem Datum auszugehen, an dem, man den Brief tatsächlich erhalten hat. Ich habe diesen Brief einen Tag nach dem Datum des Poststempels erhalten, was ja innerhalb einer Gemeinde der Normalfall sein sollte. Falls jemand einen Brief später erhält, als das normalerweise geschieht, sollte er sich das am besten vom Briefträger bestätigen lassen und/oder gleich an das Verwaltungsgericht schreiben mit der Bitte, das Fristende entsprechend vorzusehen.
Für die Frist gilt VwVfG NRW §31: „Der Lauf einer Frist ... beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt ....“ Ich hatte den Bescheid über die Frist an einem Dienstag erhalten, also endet die Frist an einem Dienstag um 23.59, also nicht um 24.00 Uhr, welche Uhrzeit schon dem nächsten Tag zuzuordnen ist.
Nach BGB §188 endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist, also noch nicht mit dem Dienstschluss der jeweiligen Behörde. Deswegen also die von außen zugänglichen Briefkästen der Behörde.
Dies entspricht auch der Berechnung von Creifeld, Frist.
4.7 Die Kosten der Klage Möglich ist, dass mir der jeweilige Klage-Willige mitteilt, mit welchem Einwand er klagen will. Sollten mir gleiche Einwände und auch gleiche Betroffenheitsgrade bekannt werden, würde ich dazu anregen, dass nur einer klagt – und die übrigen sich ggf. an der Kosten beteiligen. Nur leider wird die Zeit schrecklich knapp.
Und leider kann Gerechtigkeit schnell teuer werden. Wer nicht unter das Armenrecht fällt, kann arm werden. Wer vor dem Verwaltungsgericht gewinnt und vielleicht auch noch vor dem Oberverwaltungsgericht, aber vor dem Bundesverwaltungsgericht verliert, kann lebenslang hoch verschuldet sein. Im Folgernden werde ich vorsichtig zu einer Solidarität anregen.
Ich besitze bereits zwei Antworten des Verwaltungsgerichtes Münster auf meine Anfragen. Demnach scheint es, dass Streitgenossenschaften keine Kostenersparnis bringen.